Fliegenfischen bei sechs Windstärken

Der Bodden – unendliche Weiten eines der besten Hechtgewässer der Republik. In Lauterbach, nahe Putbus auf der Insel Rügen hatten die Fliegenfischer des ASV Gifhorn Quartier bezogen. Ende November war diese Touristenregion nur noch mäßig besucht. Als der Spähtrupp im Oktober mit zwei Mann auf über 30 Hechte am Band kam, war die Begeisterung auch bei den anderen geweckt. Ab ans Meer, mit selbst gebundenen Hecht Streamern, 8ter Rute und Schusskopf. Zwischendurch immer wieder Zweifel: stehen die Hechte bei der Kälte noch im Flachwasser? Wo stehen Sie?

Samstagmorgen erstmal an die Westküste. Vor uns waten zwei Kollegen aus Mecklenburg durch die hüfttiefe Ostsee. Dort am alten Anleger stehen noch zwei. Sind wir hier richtig? Es sind um die Null Grad, das Wasser hat wohl 4 C° und der Wind weht leicht aus Osten. Nichts wie ins Wasser und bewegen. Platz ist ja genug, alle 10 bis 15 Meter steht einer von uns im Wasser. Wir werfen Richtung Fahrrinne der Fähre nach Hiddensee. Wie beim Bahnradfahren überholt immer der Letzte und setzt sich an die Spitze des Angelzuges, bis hin zum alten Anleger: Nichts! Auch die Kollegen kommen mit leeren Händen nach 2 Std. zurück zum Parkplatz. Lagebesprechung – Heißer Tee und Knabberpeitschen.

Wir nehmen die Fähre nach Altenkirchen und sehen wie jemand vom Boot eine Hecht aus der Fahrrinne zieht. Stehen sie doch im Tiefen? Egal wir versuchen es mit auffrischendem Seitenwind hinter einem vielversprechenden Schilfgürtel. Strahlender Sonnenschein, steigende Temperaturen aber keine beißwilligen Fische, auf welches Muster auch immer.

Zurück an die Westküste. Wir angeln auf die Küste zu mit dem Wind im Rücken. Der Tag neigt sich und endlich ist der Bann gebrochen. Kurz nach dem die Tintenfischimitation aufs Wasser aufgeschlagen ist geht ein Ruck durch meine Zweihandrute und er erste Esox hängt. Kein Riese, aber er nimmt noch ein paar Meter Schnur von der Rolle und pflügt dann durch das Seegras im Bodden. Ein schöner Drill in der untergehenden Abendsonne. Nils steigen zwei Fische ein und Peter hat kurz darauf auch noch einen auf ein helles Muster. Geht doch.

 

Im Hafen fallen noch ein paar Barsche auf Sebastians Wurmfliege rein, um 16:30 Uhr ist es finster. In Schapprode gibt es ein leckeres Steak von den Rindern der Nachbarinsel um die Energievorräte wieder aufzufüllen. Der Morgen soll noch einmal Fisch bringen.

 

Raureif und Eis hat die Autos über Nacht weiß gefärbt. Noch ist es ruhig aber es sind sechs Windstärken angesagt. Sollten wir die Spinnrute auspacken? Nein – wir sind Fliegenfischer! Also waten wir gegen die Dünung in die Bucht und stemmen uns mit dem Rücken gegen den Wind. Mühelos werden phantastische Wurfweiten erzielt. Den Schusskopf nach hinten, oben in den Wind gehoben und dann saust die Schnur nur so durch die Ringe. Ein schönes Gefühl, wenn sich die Schnur vor dem Ablegen noch einmal komplett streckt und die Fliege ihre maximale Weite erreicht. Wieder ist es Peter, dem es gelingt einen 85er Hecht auf seine Fliege zu fangen.

 

Bald steht die Sonne hoch über den Fahlbauten im Hafen von Lauterbach und es wird Zeit für den Rückweg. Noch eine Runde durch den prunkvollen historischen Circus von Putbus und dann geht es auf die Autobahn. Das wars wert. Nächstes Jahr wieder, aber im Oktober..

 

Bernd Heise